Kandidatur Landesliste

In diesem Text möchte ich einige wichtige Aspekte zu meiner Kandidatur für die Landesliste der Piratenpartei in Baden-Württemberg erläutern.

Piratenpartei

Ein paar Stichpunkte dazu, wie ich die Piratenpartei sehe / sehen will:

  • Die Piraten sehen Information als Machtinstrument. Da wir auch ein bisschen anarchistische Tendenzen haben, wollen wir den Zugang zu Information deswegen möglichst breit streuen. Es soll keine Informationsmonopole geben.
  • Wir definieren Freiheit so, dass wir Menschen Ressourcen bieten und darauf vertrauen, dass die meisten Menschen diese Ressourcen dann kreativ und zum Nutzen auch anderer Menschen und der Gesamtgesellschaft einsetzen. Das betrifft zum einen Information/Wissen/Kultur/Technologie, aber auch materielle Mittel, Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur und Geld.
  • Die Piraten wollen so wieder eine Allmende schaffen (gesamtgesellschaftliche Grundlagen, die der Menschheit als Ganzes gehören), ohne alles verstaatlichen zu wollen und ohne Entwicklungen zentral planen und steuern zu wollen.
  • Unser Einsatz für Umweltschutz leitet sich davon ab. Wir sehen unseren Planeten als gemeinschaftliches Eigentum der gesamten Menschheit, auch zukünftiger Generationen, und sehen deswegen die Verantwortung, ihn als Lebensgrundlage für alle Menschen zu erhalten.
  • Wir hinterfragen bestehende Strukturen und sind offen dafür, neue Arten von Organisation auszuprobieren.  Wir haben keinen Respekt vor Heiligem und wagen es, unbequeme Fragen aufzuwerfen.
  • Das heißt aber nicht, dass man immer alles anders machen muss als bisher. Nach einer Analyse kann man auch zu dem Ergebnis kommen, dass ein bisheriges Vorgehen weiterhin sinnvoll ist.
  • Die Piraten lieben Technologie  und lassen sich nicht von Untergangspropheten davon abhalten, die Vorteile von technischen Weiterentwicklungen und den daraus resultierenden gesellschaftlichen Veränderungen zu umarmen. Trotzdem sehen wir auch immer die Risiken von Technologie und versuchen, negative Folgen technischer Weiterentwicklung für die Menschen durch Aufklärung und Regulierung zu minimieren.
  • Für die Piraten steht der Mensch im Mittelpunkt. Wir wollen, dass sich dieser möglichst frei als Individuum unter vielen entfalten kann.
  • Die Piraten sind keine Volkspartei, sie vertreten zurzeit nicht die Ansichten und Interessen der Mehrheit der Deutschen, sondern ganz bestimmte Bevölkerungsgruppen mit einem konkreten Weltbild und konkreten Interessen.

Wahlstrategie

Im Wahlkampf sollten wir nicht das Bild der Protestpartei weiter stützen. Die Medien und große Teile der Bevölkerung, auch Teile der Mitglieder, sehen uns als Anti-Partei ohne konkrete Inhalte, nur als Sprachrohr des „Volkes“.

Das sind wir aber nicht. Wir vertreten bestimmte Teile der Bevölkerung mit einem bestimmten humanistisch/progressiven/individualistischen Weltbild, das man aus den verschiedenen Parteiprogramm- und Wahlprogrammbeschlüssen ablesen kann.

Wir sollten im Bundestagswahlkampf eben jene Themen in den Vordergrund stellen, die uns von anderen Parteien unterscheiden, und diese auch sehr stark vertreten, ohne Angst, mit besonders heftigen Forderungen viele Wähler abzuschrecken. Wir sind keine Volkspartei und es schadet uns nicht, wenn 70% der Wähler uns für Verrückte oder Spinner halten, solange die Menschen, die voll hinter unserem Programm stehen, dieses auch wahrnehmen, und wahrnehmen, dass wir uns dafür einsetzen.

Abgeordneter

Der Abgeordnete ist kein Einzelkämpfer. Als Projektmanager leitet er ein Team von Spezialisten (den Fachreferenten, von denen jedem Abgeordneten in der Praxis 3-5 zur Verfügung stehen werden), koordiniert die Zusammenarbeit mit den anderen Abgeordneten der anderen Fraktionen und der eigenen Fraktion. Der Abgeordnete soll kein Fachspezialist sein und selbst Gesetzesentwürfe schreiben und nicht auf eigene Faust Lösungen für Probleme finden.

Jeder Abgeordnete beackert am Ende ein breites Spektrum an Themen. Er muss dazu in der Lage sein, schnell Informationen von Experten, Bürgerinitiativen und Interessengruppen aufzunehmen, diese zu bewerten und dann die richtigen Fragen zu stellen.

In einer Podiumsdiskussion, an der ich teilnahm, beschrieb ein Richter am Bundesverfassungsgericht das BVerfG als „Laienspieltruppe unter den Gerichten“. In den einzelnen Fachgerichten arbeiten Spezialrichter, die sich seit Jahren oder Jahrzehnten immer nur mit den gleichen Themen beschäftigen und kein Gespür mehr dafür haben, wie die „normalen“ Menschen denken und welche Beziehungen es zu anderen Themengebieten gibt. Die Verfassungsrichter müssen über den Tellerrand eines Fachgebiets schauen können und auch die Auffassung der Bevölkerung und verschiedener Fachgebiete in ein Urteil einfließen lassen können.

So ähnlich sehe ich die Aufgabe eines Abgeordneten nicht als Arbeitstier, der selbst Experte für ein Themengebiet ist, sondern als Schnittstelle zwischen einerseits den Experten in einem Fachgebiet und andererseits der übrigen Welt. Der Abgeordnete muss das Gesamtbild im Auge behalten und einerseits die Meinungen seiner Partei und der Bevölkerung in die Expertendiskussionen einfließen lassen und andererseits dazu in der Lage sein, die Expertendiskussionen für die restliche Welt zu übersetzen.

Daneben ist eine ganz wichtige Aufgabe der Piraten-Abgeordneten, die Expertendiskussionen und die dort anfallenden Rohdaten öffentlich zugänglich zu machen, so dass sich Interessierte und Betroffene, wenn sie dies wollen, jederzeit informiert an laufenden Diskussionen beteiligen können.

Listenplätze

Es wird sich sicher nicht vermeiden lassen, dass die Medien ein besonderes Interesse an Listenplatz 1 haben werden. Wir sollten dieses Spiel aber nicht bedingungslos mitspielen. Wenn Listenplatz 1 in den Bundestag einzieht, dann nicht alleine, die Plätze 2-4 sind dann auch relativ sicher mit dabei, vielleicht noch einige mehr. Es ist also sinnvoll, den Wahlkampf nicht nur auf Listenplatz 1 zu beschränken. Man kann die Aufgabe der öffentlichen Repräsentation generell auf die ersten 10 Plätze verteilen, auch die Direktkandidaten natürlich und ggf. kann man auch mal einen Experten zu einem Thema entsenden, der nicht auf einer Kandidatenliste steht.

Um diesen Punkt deutlich zu machen, kandidiere ich gezielt mit dieser Ansage auch auf Listenplatz 1. Ich kandidiere aber auch für alle anderen Plätze. Ich möchte im Bundestag für die Piratenpartei aktiv werden, und ich glaube, dass ich die von mir oben beschriebenen Anforderungen erfüllen kann. Jeder Platz bietet zumindest die Chance zum Einzug. An welchem Platz man dann irgendwann mal stand, wird später keiner mehr fragen, solange man es geschafft hat.

Kriterien für Aufstellung

Einige der Fragen an Kandidaten zielen darauf ab, dass man von dem Kandidaten erwartet, möglichst viel für die Partei während des Wahlkampfs zu leisten. Der Listenplatz ist dann so eine Art Belohnung für die Einsatzbereitschaft. Das ist aber ein unsinniges Kriterium für eine Wahl, und zwar aus mehreren Gründen:

In den Bundestag schaffen es realistisch gesehen (wenn überhaupt) zwischen 4 und vielleicht maximal 10 Leuten. Mit 10 Leuten im Landesverband kann man aber keinen Wahlkampf leisten. Auch mit 30 Direktkandidaten alleine kann man keinen guten Wahlkampf leisten. Wir werden für diesen Wahlkampf mehrere hundert Piraten im Land brauchen, die aktiv werden. Dabei soll jeder nach seinen Möglichkeiten und entsprechend seiner Fähigkeiten aktiv werden. Keiner davon kann eine Belohnung erwarten. Wieso soll man die Wahl auf eine Liste also als Belohnung sehen?

Gleichzeitig stehen maximal einem Jahr Wahlkampf vier Jahre Tätigkeit als Abgeordneter gegenüber. Das ist der eigentlich wichtige Teil der Arbeit. Es macht also sehr viel mehr Sinn, Leute danach zu wählen, wie sie (der eigenen Meinung nach) die vier Jahre im Bundestag stemmen können, als danach, wer die meisten Ressourcen für den Wahlkampf einsetzen kann.

Es ist ja nicht ohne Grund so, dass bestimmte Berufsgruppen (z.B. Juristen und Selbständige allgemein) und gesellschaftliche Gruppen zurzeit im Bundestag über-repräsentiert sind. Wir sollten uns bei unserer Aufstellung nicht dem gleichen Fehler folgen. Lasst uns Kandidaten danach aufstellen, ob sie gute Abgeordnete wären, nicht danach, ob sie besonders gut Wahlkampf können.

2 thoughts on “Kandidatur Landesliste

  1. Pingback: Vorstellung Kandidatur zur Landesliste – Wolfsbeeren

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